Eines Morgens riechst du den Herbst.
Es ist noch nicht kalt; es ist nicht windig;
es hat sich eigentlich gar nichts geändert –
und doch alles.
Es geht wie ein Knack durch die Luft –
es ist etwas geschehen;
so lange hat sich der Kubus noch gehalten,
er hat geschwankt … , na … na … ,
und nun ist er auf die andere Seite gefallen.
Kurt Tucholsky (aus "Die fünfte Jahreszeit", 1929)
Der Moment des Kippens
Kennst du diesen Moment? Die Blätter sind noch grün, die Sonne wärmt – und trotzdem liegt etwas Neues in der Luft. Eine andere Qualität des Lichts vielleicht. Der Tau am Morgen, der länger bleibt. Ein Geruch, den du nicht benennen kannst, aber sofort erkennst.
Tucholsky nennt diese Zeit zwischen Spätsommer und Frühherbst die "fünfte Jahreszeit" – diese kurze, kostbare Spanne, in der die Natur auf der Schwelle steht. Äußerlich noch beim Alten, innerlich schon im Wandel.
Wandel in Zeiten des Klimawandels
Gerade jetzt, wo der Klimawandel die Jahreszeiten verschiebt und unsere gewohnten Rhythmen durcheinanderbringt, wird dieser feine Moment des Übergangs noch wertvoller. Er erinnert uns daran, dass Veränderung nicht immer laut daherkommt. Manchmal ist sie nur ein Hauch, ein Knack in der Luft, eine Ahnung.
"Die Natur lehrt uns das Loslassen – nicht durch dramatische Gesten, sondern durch sanfte, kaum merkliche Verschiebungen."
Eine Einladung an dich
Geh in den nächsten Tagen bewusst nach draußen. Nicht um etwas zu tun, sondern um wahrzunehmen.
Was riechst du? Was fühlt sich anders an als noch vor einer Woche? Welcher "Kubus" kippt gerade in deinem Leben auf die andere Seite?
Vielleicht ist genau das die Weisheit dieser fünften Jahreszeit: zu spüren, wann es Zeit ist, auf die andere Seite zu fallen.
Dein Naturvermittler